Stellenlos, Schulden, Streit zu Hause, keine Perspektiven. So konnte es nicht mehr weiter gehen. Daniel Würsten ergriff Initiative und bewarb sich um einen betreuten Wohnplatz in der Wohngemeinschaft (WG) Domicilio in Muhen. Seit einem Jahr lebt er hier. Langsam kommt Ordnung in sein Leben.
Mittwochabend, kurz nach 17 Uhr. Das Wohnzimmer der WG Domicilio in Muhen wird zum Treffpunkt. Es riecht nach Kaffee. Bewohnerinnen und Bewohner kommen von der Arbeit nach Hause. Einige holen schnell die Post in ihrem Fächli und verschwinden gleich wieder. Andere gönnen sich eine Kaffeepause, lesen Zeitung oder nutzen die Gelegenheit für einen kurzen Schwatz mit Mitbewohnenden und Betreuenden. Mittendrin Daniel Würsten. Der bald 26-Jährige liest Zeitung und knabbert Salzstängeli. Eine Sehnenscheidenentzündung zwingt den gelernten Landschaftsgärtner zur Ruhe. Nicht einfach! Er, der gerne arbeitet. Nächste Woche will er es wieder versuchen.
Selbstplatzierung
Vor einem Jahr sah alles ganz anders aus: Seit längerem auf Jobsuche, massive finanzielle und andere Probleme, Streit zu Hause, ohne jegliche Tagesstruktur. Eine ausweglose Situation. Hilfe war dringend nötig. Tief in seinem Innern sehnte sich Daniel Würsten nach einem geordneten Leben. Seine Mutter wies ihn auf die Stiftung Wendepunkt hin. Er nahm Kontakt auf, bewarb sich um einen betreuten Wohnplatz im Domicilio und wurde aufgenommen.
Seit einem Jahr wohnt Daniel Würsten in der WG Domicilio in Muhen und ist auf dem Weg, sein Leben zu ordnen.
Als Landschaftsgärtner packt Daniel Würsten gerne an, ob beim Rasenmähen, Baum- und Sträucherschneiden oder bei einer Kiesplanie.
Feierabend: Daniel Würsten im Gespräch mit einem WG-Kollegen.
Eine Sehnenscheidenentzündung zwingt den gelernten Landschaftsgärtner momentan zur Ruhe.
Ein gutes Team: Daniel Würsten schätzt Betreuer Alfred Mosimann und dieser die kooperative Zusammenarbeit.
In einer dieser Wohneinheiten der WG Domicilio lebt Daniel Würsten zusammen mit zwei Mitbewohnern.
Verbindlich leben lernen
Für Würsten, der von sich selber sagt, dass er alles «verschlampt und nichts mehr erledigt hatte», beginnt mit dem Eintritt ins Domicilio das Zurück in ein verbindliches und geordnetes Leben. Steinig ist der Weg. Vieles, auch ganz Alltägliches, will gelernt und eintrainiert sein: Duschen nach der Arbeit, für sich oder seine Wohnungsmitbewohner kochen, putzen, waschen, Regeln befolgen und an internen Anlässen teilnehmen. Regelmässige Gespräche mit der Betreuerperson helfen ihm dabei. Ebenso der geschützte Arbeitsplatz im Gartenbau des Wendepunkts. Dieser bedeutet ihm viel. Hier kann er Kraft und Können einsetzen sowie Verantwortung übernehmen. «Dani ist bei uns am richtigen Ort», meint Sven Berger, Bereichsleiter Gartenbau, und fügt an: «Er packt gerne an und ist bereit, Zusatzaufgaben zu übernehmen, selbst, wenn er dabei etwas länger arbeiten muss als geplant.»
Der Arbeit nachgehen und Alltagskompetenzen einüben sind das eine, Finanzielles und andere Lebensbereiche wieder in den Griff zu bekommen das andere. Zusammen mit Betreuerperson, Beiständin und externer Beratung geht Würsten dies an: Kooperativ, denn alleine würde er es nie schaffen!
Unterwegs in eine neue Zukunft
Diese Prozesse brauchen Zeit und Geduld. Dies spürt Daniel Würsten, obwohl er eigentlich gerne in eine eigene Wohnung umziehen würde. Aber dazu ist der Moment noch nicht reif, was sein Betreuer, Alfred Mosimann, bestätigt: «Obwohl Dani heute ein liebenswürdiger, junger Mann ist, muss er in gewissen Lebensbereichen noch mehr Konstanz und Verantwortungsbewusstsein zeigen.»
Dankbar für Arbeit, Wohnsituation und Betreuung sowie für den gefundenen Halt im Glauben – zwischenzeitlich besucht er regelmässig eine externe Bibelgruppe – visiert Würsten vorderhand ein kleineres Ziel an: die Fischerlizenz für den Sempacher See. «Fischen braucht zwar Geduld. Aber die habe ich. Denn – was gibt es Schöneres, als in der Natur zu sein und zu warten, bis einer anbeisst», lächelt er, steht auf und begibt sich in seine Wohneinheit.